3. SONNTAG der Osterzeit
Evangelium nach Joh (21, 1-14)
Nach dem Tod von Jesus haben seine Freunde tiefe Erfahrungen gemacht, wodurch sie andere Menschen wurden. Die Evangelisten versuchen nun, viele Jahre später, diese tiefen Erfahrungen mit Hilfe von Erzählungen zu beschreiben. Diese Erzählungen wollen nicht beschreiben, was da rein äußerlich, „historisch“ passiert ist, sondern was die Freunde von Jesus zutiefst ‘gepackt’ und berührt hat.
Deswegen gibt es viele Widersprüche in diesen Erzählungen. Der Auferstandene ist plötzlich da und dann ist er wieder nicht da. Mal kann man ihn sehen, mal kann man ihn nicht sehen. Zu Magdalena sagt er: »Rühre mich nicht an!«,- zu Thomas sagt er: „Rühre mich an! Hier sind die Male der Nägel und die Seitenwunde.“ Mal scheint er körperlos und kommt bei geschlossenen Türen herein, mal ist er so leiblich, dass er vor den Augen der Jünger ein Stück gebratenen Fisch verzehrt.
Warum erkennen unsere Fischer Jesus zuerst nicht, obwohl es schon das dritte Mal ist, dass Jesus ihnen „erscheint“? Warum hören diese berufserfahrenen Männer auf einen Fremden, obwohl sie wissen, dass man beim Fisch nur Erfolg haben kann, wenn man es in der Nacht macht und warum dieser komische Rat, das Netz auf der rechten Seite des Bootes auszuwerfen? Wozu? Warum zieht Petrus zuerst sein Gewand an, um dann ins Wasser zu springen? Und warum sind es ganz genau 153 Fische und wieso haben die Jünger diese so schnell gezählt?
Es sind lauter Widersprüchlichkeiten, die von den Evangelisten bewusst als sprachliches Gestaltungselement gewählt wurden, um uns an eine andere Wirklichkeit heranzuführen, um uns aufmerksam zu machen, dass es hier um ein tieferes Geschehen, um die tiefere Erfahrung geht, dass Jesus wirklich lebt und sich erfahrbar gemacht hat. Und diese so genannte „Erscheinung“ geschieht nicht an einem heiligen Ort, etwa in einer Synagoge oder gar im Tempel von Jerusalem. Sie geschieht am Arbeitsplatz, mitten im Alltagsleben. Was sagt uns also diese merkwürdige Erzählung?
Unser alltägliches Tun als Christen ist oft von Resignation gekenn-zeichnet, von Erfolglosigkeit und vergeblichem Bemühen. Das auf eigene Faust betriebene Tun bleibt vergeblich, wie das nächtliche Fischen der Jünger. Dabei verlieren wir Jesus aus den Augen, er ist zwar da, vielleicht nur am Rande, wir erkennen ihn nicht. Wir vergessen, dass Gott, dass Jesus durch Menschen zu uns spricht und auf uns einwirkt. Durch irgendwelche Menschen, die uns sogar fremd sein können. Das kann mitten im Alltag geschehen, durch Begegnungen, durch Geschehnisse, durch bestimmte Worte, die uns plötzlich tief innerlich berühren und ergreifen. Das kann z.B. passieren, wenn einer - wie Jesus den Jüngern - mir liebevoll Mut macht, es doch einmal ganz anders zu versuchen. Jesus, oder Gott im Menschen, begegnet uns in einem, der - wie Jesus am Ufer - einfach da ist. Das wird uns meistens nur im Nachhinein klar, wie den Jüngern, nachdem sie „ausprobiert“ haben, was dieser Fremde am Ufer ihnen geraten hat, und den Erfolg spüren. »Es ist der Herr!« Ob wir erst in Augenblicken der Erfüllung richtig erkennen, wie nah Jesus uns ist?
Es fällt stark auf, wie die Freunde Jesus erst im Rahmen eines Essens Jesus erkennen, ihn erfahren, ihm begegnen. So wie die zwei, die Jesus erkennen beim „Brechen des Brotes“ in Emmaus. Und auch in der heutigen Erzählung: Der Fremde teilt Brot und Fisch aus, so wie Jesus es beim letzten Abendmahl gemacht hat, und sie spüren: Jesus ist da. Er gibt uns zu Essen, er gibt uns Nahrung. Nicht umsonst hat Jesus beim letzten Abendmahl gesagt: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Nicht umsonst gehört die Mahlfeier, die Eucharistie, das Mahl mit Jesus, zum Kern unseres christlichen Lebens. Denn gerade hier kann uns plötzlich ganz klar werden, machen wir die tiefe Erfahrung, dass Jesus zu uns persönlich spricht durch die Worte der Bibel, dass Jesus in diesem Brot zu uns persönlich kommt. Das wird nicht immer sein. Diese Eucha-ristiefeier wird oft nur ein äußeres Geschehen sein, wo Jesus nur am Rande, als unerkannter Fremder steht. Aber es kann immer wieder eine tiefe Begegnung mit ihm werden.
Ob nicht auch wir - wie die Jünger - diese andere Erfahrung machen können, auch mitten im manchmal frustrierenden Arbeitsalltag, Jesus zu begegnen?